Original | Perspektive SAP IT – Mai 2024
Anwender dürfen sich über mehr Komfort beim Copy&Paste freuen. Die großen KI-Sprachmodelle müssen dagegen sehr wählerisch beim Kopieren sein. Es droht Gedächtnisverlust, wenn nicht beim Original gelernt wird. Und ein Original geht in Walldorf von Bord.
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Es gibt sie noch, die kleinen Software-Änderungen, die ohne hauseigene Messe und ohne viel Gerede zu Roadmap-Folien daherkommen. Und die den Unterschied zwischen genervtem Stirnrunzeln mit wildem Herumklicken und einfachem, störungsfreiem Arbeiten ausmachen.
Denn Microsoft hat überraschend auf das Fluchen von Anwendern gehört. In Word ist die Einfügetaktik auf „Formatierung zusammenführen“ als Standard für das Einfügen aus anderen Programmen via Zwischenablage geändert worden. Jetzt kann ich endlich Dinge aus einem Browser in Office einfügen, ohne den ständigen Umweg über einen Texteditor oder hakeligen Unterfunktionen machen zu müssen. Nicht nur in Word, sondern auch in OneNote eine echte Erleichterung für mich. Und es funktioniert völlig ohne KI.
Mensch: KI -> 1:0
Nun geht beim Kopieren von einer Anwendung in die andere Anwendung nicht nur die Formatierung schief. Copy&Paste ohne Prüfung und Auswahl der Inhalte – da kommt auch bei IT-Profis am Ende Murks heraus. Interessanterweise betrifft das auch die großen Sprachmodelle für generative KI. Die eine Sache, die sie fürchten müssen, ist von einer anderen KI gefüttert zu werden. Wenn das passiert, dann degenerieren selbst mächtige Modelle in wenigen Iterationen.
Ein Team aus britischen und kanadischen Forschern hat diesen Vorgang untersucht und „Model Colapse“ getauft. Deshalb sind alle Tech-Unternehmen händeringend auf der Suche nach neuen „echten“, d. h. von Menschenhand erstellten Trainingsdaten. Nicht Hardware wird zum Engpass für die Weiterentwicklung der KI, sondern frische Originaldaten.
Plattner geht
Wenn wir über den Wert von menschlichen Originalen sprechen, lohnt sich auch in diesem Monat ein Blick nach Walldorf. SAP-Gründer und Urgestein Hasso Plattner ist im Mai geplant aus dem Aufsichtsrat ausgeschieden. In dem Feature von SAP zu Ehren von Hasso Plattner gibt es einen Überblick über die bewegte Geschichte von SAP und es zeigt ausgewählte Bilder aus der Entwicklung eines der wenigen deutschen Softwareunternehmen, das es zu Weltrang gebracht hat. Und in der ARD einen Bericht, der neben der Würdigung seiner Leistungen durchaus auch kritische Töne anschlägt. Ob sich Plattner von nun an wirklich dauerhaft aus den Geschicken der SAP heraushalten wird – ich bezweifle es. Vielleicht hat er ja schon ein zweites HANA im Kopf. Er geht auf jeden Fall als Gewinner vom Platz.
Kunden Originale
Im Jahr 2022, zum 50. Geburtstag der SAP, wandte sich Plattner an die SAP selbst: „Ich empfehle, zurück zu den Anfängen der SAP zu gehen und die SAP-Teams zum Kunden zu schicken. Sie sollen nicht unsere Standardsysteme implementieren, sondern herausfinden, was der Kunde mit Tools von SAP und anderen Anbietern macht. Dann können wir gezielt dort ansetzen.“ Das könnte heute auch als eine frühe Erkenntnis verstanden werden, einem Model Colapse entgegenzugehen. Lieber direkt von den Kunden lernen, als an den eigenen Produktideen zu scheitern. SAP CEO Christian Klein, frisch zum Vorstandsvorsitzenden befördert, hat es in der Hand, diesen Rat des Originals zu beherzigen.
Herzliche Grüße
Tobias Harmes
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