Alexander Schwemmer
23. Juni 2021

Prozesse digitalisieren – Sonderfälle erkennen und aussteuern

Die Digitalisierung und Automatisierung haben durch die Corona-Krise stark an Bedeutung gewonnen. Analoge Verfahren wurden binnen kürzester Zeit durch digitale Lösungen ersetzt. In den vorangegangenen Blogbeiträgen lesen Sie, welche Stufen der Digitalisierung es gibt, wie sich die E-Rechnung und Order-X in diese Stufen einordnen und wie Sie den Umfang der Automatisierung festlegen können. In diesem Blogbeitrag beschäftigen wir uns mit der Frage, wer in Zukunft eigentlich die nicht digitalisierten Sonderfälle bearbeitet.

Wieso sollten Sonderfälle manuell bearbeitet werden?

Im letzten Blogbeitrag dieser Reihe habe ich Ihnen die Empfehlung gegeben, zum Einstieg in die Prozessdigitalisierung nur die Standardfälle zu automatisieren. Sonderfälle sollten nach Möglichkeit zwar auch digitalisiert, aber nicht automatisiert werden. Der Grund hierfür ist, dass sich die Standardfälle eines Prozesses (wie z. B. der Rechnungsversand innerhalb der EU) meist stark ähneln und prozesstechnisch einfach sind. Dem entsprechend sind sie auch einfach zu automatisieren. Die einmal im Jahr versandte Rechnung nach Tajikistan dagegen verursacht durch den Analyse- und Implementierungsaufwand Kosten für die Automatisierung, die nicht wirtschaftlich sind. Für Sie als Unternehmer ist es dann günstiger, diesen Sonderfall auszusteuern.

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Änderung der Anforderungen an Ihre Mitarbeiter

Wenn Sie Ihre Prozesse automatisieren und Sonderfälle aussteuern, hat das Auswirkungen auf die Art der Arbeit, die Ihre Mitarbeiter erledigen. Bisher wurde jeder Fall im Prozess manuell bearbeitet, künftig sind es nur noch die nicht automatisierten Fälle und möglicherweise entstandene Fehler. Das bedeutet auf der einen Seite, dass Sie vermutlich künftig weniger Mitarbeiter für die gleiche Arbeitslast benötigen oder mit der gleichen Anzahl an Mitarbeitern mehr Arbeit erledigen können. Vor allem bedeutet es jedoch, dass Ihre Mitarbeiter künftig mehr Wissen aufbauen und eventuell nachträglich qualifiziert werden müssen, um die übrig gebliebenen Sonderfälle bearbeiten zu können. Die fachlichen Anforderungen an Ihre Mitarbeiter steigen demnach in der Regel bei Ihrer Automatisierung.

Sonderfälle zuverlässig erkennen

Um die Fälle, in denen die Prozessautomatisierung nicht greift, zuverlässig zu erkennen, müssen Sie sich darüber Gedanken machen, wie sie diese erkennen. Hierbei gibt es grundsätzlich zwei Varianten:

  • Automatisierung als Rückfallebene: Sie versuchen diejenigen Geschäftsvorfälle zu ermitteln, die nicht automatisiert werden können. Wird ein Geschäftsvorfall nicht als auszusteuernder Fall erkannt, durchläuft er Ihre neue Prozessautomatisierung.
  • Aussteuerung als Rückfallebene: Hier versuchen Sie umgekehrt, die Fälle zu erkennen, für die die Prozessautomatisierung ausgelegt wurde. Wenn ein Geschäftsvorfall nicht die Kriterien für die Automatisierung erfüllt, wird er als Sonderfall an Ihre Mitarbeiter ausgesteuert.

Hierbei ist die zweite Variante deutlich empfehlenswerter: Ähnlich wie das Sicherungssystem bei einer Eisenbahn wirkt es immer zur sicheren Seite hin. Anders als in der ersten Variante ist es hier nicht möglich, dass ein Sonderfall versehentlich die Automatisierung durchläuft und falsch verbucht wird. So können Sie sich den Aufwand für manuelle Fehlerbereinigungen ersparen, die oft ein Ärgernis nach dem GoLive einer Automatisierung darstellen.

Wie steuere ich die ausgesteuerten Fälle meinen Mitarbeitern zu?

Je nachdem, welche Prozesse Sie in SAP automatisiert haben, bieten sich hier verschiedene Möglichkeiten an. Bei Prozessen, die auch in SAP Work Items bzw. den Workflow nutzen, können diese Prozesse über ein Work Item in das Postfach des Mitarbeiters im SAP Business Workplace (SBWP) gesendet werden. Bei Prozessen, die den Workflow nicht nutzen, können Sie eine Mail entweder in das Postfach im SBWP schicken oder an die tatsächliche E-Mail-Adresse des Mitarbeiters.

Bei einer Aussteuerung kann es Sinn machen, die jeweilige Rechnung/den jeweiligen Auftrag zumindest schon einmal mit Rumpfdaten anzulegen. Dann kann der Mitarbeiter über die zugehörige Transaktion oder einen Aufruflink direkt in die jeweilige Rechnung springen und den Sonderfall final bearbeiten.

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Zusammenfassung

Bei einer Prozessautomatisierung verändern sich auch die Aufgaben Ihrer Mitarbeiter und Anforderungen an ihre Arbeit. Zukünftig kümmern diese sich vor allem um Fehler in automatisierten Prozessen und um Geschäftsvorfälle, die nicht automatisiert wurden. Oft bedeutet das, dass Sie künftig mehr höher qualifizierte Mitarbeiter benötigen, jedoch die gleiche Anzahl an Mitarbeitern durch die Automatisierung insgesamt ein höheres Geschäftsvolumen bearbeiten kann.

Für die Aussteuerung der Sonderfälle und zur Vermeidung von Fehlern ist es wichtig, dass Sie die nicht automatisierten Geschäftsvorfälle zuverlässig erkennen. Hierbei bietet es sich an nur Geschäftsvorfälle im automatisierten Prozess zu verarbeiten, die anhand ihrer Eigenschaft zuverlässig automatisiert ablaufen können. So verhindern Sie, dass versehentlich Sonderfälle falsch oder fehlerhaft verarbeitet werden.

Wenn Sie Unterstützung in Ihrem Digitalisierungsprojekt oder bei einer Vorstudie benötigen, kontaktieren Sie mich gerne.



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