Alexander Schwemmer
9. Juni 2021

Wie Sie Ihre Prozesse im richtigen Umfang digitalisieren können

2020 war getrieben durch die Corona-Krise das Jahr der Prozess-Automatisierung und Digitalisierung. Viele Unternehmen standen in diesem Jahr vor der Herausforderung, die Zusammenarbeit zwischen ihren Mitarbeitern, Kunden und Behörden umzustellen. Prozesse, die vorher auf einen analogen Kontakt oder papierhafte Formulare angewiesen waren, wurden binnen kürzester Zeit so umgestellt, dass der Prozess auch ohne persönliches Zusammentreffen durchgeführt werden kann.

2021 gilt es jetzt, diese kurzfristig digitalisierten Prozesse zu optimieren und nachhaltig weiterzuentwickeln. Außerdem sollten zusätzliche Prozesse digitalisiert werden, um die möglichen Vorteile in weiteren Bereichen ausschöpfen zu können.

In vorangegangenen Blogbeiträgen haben wir thematisiert, welche Stufen der Digitalisierung es gibt und wie sich die E-Rechnung und Order-X in diese Stufen einordnen. In diesem Blogbeitrag beschäftigen wir uns mit der Frage „Was möchten Sie eigentlich digitalisieren?“ und reißen an, welche Kernpunkte es hierbei zu beachten gibt.

Was ist nochmal Digitalisierung?

Im ersten Blogbeitrag hatten wir die Digitalisierung in mehrere Stufen aufgeteilt. Die Digitalisierung im engeren Sinne war dabei die zweite Stufe, in der Prozesse nach der Umstellung auf eine neue Technologie verbessert und vereinfacht werden.

Im Zusammenhang mit Standards für elektronische Bestellungen und Rechnungen bietet sich folgendes Beispiel an: Nehmen wir an, Sie führen bei sich Order-X als Ergänzung zum Versand einer elektronischen Rechnung ein. Nun überlegen Sie sich, künftig Bestellungen hochautomatisiert vom Empfang bis zum Versand der Rechnung zu verarbeiten.

Anhand dieses Beispiels können Sie für sich anfangen, die Frage zu beantworten, was Sie eigentlich digitalisieren möchten.

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Was möchten Sie eigentlich digitalisieren?

Auf einer sehr groben Detailebene haben Sie diese Frage im Beispiel bereits beantwortet: Sie möchten den Prozess von der Bestellung über den Versand bis zur Rechnungsstellung automatisieren. Die nächste Frage, die sich nun stellt, ist dann „Ergibt es Sinn, den Prozess pauschal zu digitalisieren und zu automatisieren?“

Die Antwort auf diese Frage ist vermutlich immer ein deutliches Nein. Eine Prozessautomatisierung (ein Stück weit ein Synonym zu Prozessdigitalisierung) ist grundsätzlich damit verbunden, die Tätigkeit, die bisher ein menschlicher Bearbeiter übernommen hat, durch eine Maschine erledigen zu lassen. Anders als ein Mensch, der mitdenkt und Fehler, egal woher sie stammen, einfach korrigieren kann, tut eine Maschine genau das, was man ihr sagt. Daher muss für eine Prozessautomatisierung eine genaue Analyse des Prozesses und vor allem auch seiner Abweichungen und Fehlersituationen erfolgen. Sowohl für den Standardprozess als auch für Spezialfälle und Abbruchkriterien muss anschließend eine Lösung in Ihren IT-Systemen entwickelt werden, um den Prozess vollständig zu digitalisieren und automatisieren.

An diesem Punkt setzt die Frage „Was möchten Sie eigentlich digitalisieren?“ an. In der Regel gibt es in jedem Prozess drei Arten von Prozessvarianten:

  • Einige, sich oft sehr ähnliche Standardfälle. Diese machen zusammen meist den größten Teil des Prozessvolumens aus (80%).
  • Einige Sonderfälle, die sehr standardnah sind. Sie machen nur einen kleinen Teil des Prozessvolumens aus (10%).
  • Einige Sonderfälle, die erheblich von den Standardfällen abweichen. Sie machen einen ebenso kleinen Teil des Prozessvolumens aus (10%).

In der Regel lassen sich die Standardfälle am einfachsten und günstigsten digitalisieren. Dagegen sind die vom Standard abweichenden Sonderfälle die Kostentreiber in Digitalisierungsprojekten, da sie einen sehr hohen Analyse-, Umsetzungs- und Testaufwand erfordern. Gleichzeitig beherbergen sie das höchste Potenzial für Fehler in der Umsetzung, wodurch an diesen Sonderfällen durchaus auch Projekte scheitern. Mit Anwendung des Pareto-Prinzips wären wir in diesem Fall bei der berühmten 20-80-Regel. Mit 20 Prozent des Aufwandes digitalisieren und automatisieren Sie 80% Ihres Prozessvolumens. Oft ist diese Regel nicht weit von den tatsächlichen Verhältnissen in einem Digitalisierungsprojekt entfernt.

Digitalisierung von Standardfällen in Prozessen

Meine Empfehlung ist daher, bei Digitalisierungsprojekten zunächst immer nur die Standardfälle zu digitalisieren. Für die nicht umgesetzten Sonderfälle muss dann nur eine Erkennung implementiert werden, damit sie weiterhin manuell von Ihren Mitarbeitern bearbeitet werden können.

Dieses Vorgehen beherbergt mehrere Vorteile:

  • Sie reduzieren das Risiko, dass Ihr Projekt an dem Punkt „Nicht-Umsetzbarkeit“ scheitert
  • Durch die Umsetzung und Konzentration auf wenige Standardfälle können Sie frühzeitig den neuen Prozess produktiv umsetzen und Erfahrung im Live-Betrieb sammeln
  • Sie erhalten vergleichsweise günstig einen digitalisierten und (teil-)automatisierten Prozess, der bereits einen sehr großen Teil Ihres Geschäftsvolumens abdeckt

Ausgehend von der Automatisierung von Standardfällen lassen sich einige weitere Fragen ableiten:

  • Wer bearbeitet in Zukunft eigentlich die Sonderfälle? Welche Qualifikation benötigt Ihr Mitarbeiter in Zukunft?
  • Wie werden Fehler in den automatisierten Prozessen erkannt und abgearbeitet? –
    Stichwort Freigabe und Bearbeiterfindung.

Diese Fragen werden wir in weiteren Blogbeiträgen dieser Serie behandeln.

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Zusammenfassung

Was heißt die Frage „Was möchten Sie eigentlich digitalisieren?“ also für Sie in Ihren Digitalisierungsprojekten konkret? Untersuchen Sie, welche Prozessvarianten bei Ihnen vorkommen und wie hoch deren Anteil am Gesamtvolumen dieses Prozesses ist. Prüfen Sie im Anschluss, welche gleichen Anteile diese Prozessvarianten haben und welche Standardfälle Sie ableiten können. Gegebenenfalls ergibt es schon hier Sinn, entsprechende Varianten zusammenzufassen und zu vereinheitlichen.

Von diesen zusammengefassten Prozessvarianten nehmen Sie nun die Varianten, die bei Ihnen den größten Anteil ausmachen (jedoch addiert nicht mehr als 80% des Prozessvolumens!). Diese Prozessvarianten bieten sich für den ersten Schritt in einem Digitalisierungsprojekt an, da sie so sehr günstig sehr viel Arbeit digitalisieren und automatisieren können.

Wenn Sie Unterstützung in Ihrem Digitalisierungsprojekt oder bei einer Vorstudie benötigen,  kontaktieren Sie mich gerne.
Wenn Sie mehr über unsere E-Rechnungslösung und Order-X wissen möchten, finden Sie hier unsere Wissens- und Themenseite.



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