
Mysterium E-Rechnungsverordnung

In den letzten Monaten bin ich quer durch Deutschland gereist und habe dort sehr oft Fragen zum Thema E-Rechnung / E-Rechnungsgesetz, ZUGFeRD und XRechnung gehört. Dabei reichen diese von „Was ist das eigentlich? / Was kommt da auf uns zu?“, über „Was ist der Unterschied zwischen ZUGFeRD und XRechnung“ bis hin zu „Welches E-Rechnungsformat wird sich durchsetzen?“. In diesem Blogartikel möchte ich gerne einmal die Grundlagen erklären und Ihnen einen Wegweiser durch das Dickicht E-Rechnung anbieten.
Was ist die E-Rechnungsverordnung?
Die EU hat sich in den letzten Jahren vermehrt Gedanken gemacht, wie Sie die Sachbearbeiter in den Ämtern und bei öffentlichen Dienstleistern entlasten kann. Dies resultiert aus der Tatsache, dass viele Stellen in diesen Bereichen stark unterbesetzt sind und auch auf absehbare Zeit nicht besetzt werden können.
Ein konkreter Vorschlag, um die Situation zu entlasten ist die EU-Norm EN 16931. Diese wurde dankbar von der deutschen Bundesregierung aufgegriffen, die sich ebenfalls mit diesen Problemen konfrontiert sieht und daher gleich einmal die „E-Rechnungsverordnung“ verabschiedet hat.
Ziel ist es hierbei einen einheitlichen Standard aufzubauen, der es ermöglicht, ohne große Komplikationen eine elektronische Rechnungsverarbeitung zu ermöglichen. Derzeit ist hierbei die Vielfalt der Standards ein riesiges Problem. Dies soll nun durch die EU-Norm behoben werden.
Für wen gilt die E-Rechnungsverordnung?
Die Verordnung ist derzeit für öffentliche Dienstleister und Ämter verpflichtend. Dabei ist im ersten Schritt auch nur ein Rechnungseingang nötig. Der Rechnungsausgang kommt aber sicher in einem nachgelagerten Schritt ebenso auf die Ämter und öffentlichen Dienstleister zu.
Damit stellt sich die Frage: Bin ich denn als wirtschaftliches Unternehmen auch davon betroffen? Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Wie ich schon im letzten Jahr im Beitrag „Wird ZUGFeRD für mich zur Pflicht?“ schrieb, gibt es keine Verpflichtungen für die Wirtschaft, sich auch an diese Verordnung zu halten.
Allerdings sind 45 – 60% aller deutschen Unternehmen Zulieferer für den öffentlichen Sektor. Bei dem ein oder anderen Kunden habe ich inzwischen auch schon mitbekommen, dass sie aktiv Ausschreibungen verloren haben, da sie noch keine E-Rechnung anbieten konnten.
Ab wann gilt die E-Rechnungsverordnung?
Die Verordnung setzt stufenweise ein, um dem öffentlichen Sektor genug Zeit zum Reagieren zu gewähren. So ist die ausschließliche Nutzung eines E-Rechnungseingangs erst ab dem 27. November 2020 vorgegeben.
Allerdings müssen die technischen Lösungen schon vorher implementiert werden.
Für die Implementierung gelten folgende verpflichtende Termine:
- Bundesministerien und Verfassungsorgane ab dem 27. November 2018
- Alle anderen öffentlichen Auftraggeber ab November 2019
Welche Datenmodelle sind hier für mich interessant?
Stand 07.06.2018
Derzeit ist von der Bundesregierung gewünscht, die E-Rechnung im Anhang des visuellen Dokumentes anzufügen. Von dort wird sie dann automatisch ausgelesen und verarbeitet. Es ist dazu aber weiterhin die Möglichkeit vorhanden, das Dokument visuell zu sichten und auch als Mensch zu verstehen. Ebenso ist es weiterhin möglich die Ablage für beispielsweise das Finanzamt und den Wirtschaftsprüfer zu führen.
Die derzeitige Lösung ermöglicht es zudem, das E-Rechnungsdokument einfach über den PDFA/3 Standard zu sichern. So kann das PDF mit Anhang eine digitale Signatur und einen Passwortschutz bekommen und somit nicht von dritten unbemerkt verändert werden.
Dadurch lässt sich diese Lösung sehr leicht per E-Mailversand lösen.
Zukunft der E-Rechnung
Es stehen allerdings schon weitere Schritte in der EU-Norm. So soll zukünftig gar keine visuelle Rechnung mehr versendet werden. Das heißt, es wird nur noch ein E-Rechnungsdokument an den Empfänger versendet. Derzeit ist das E-Rechnungsdokument allerdings als XML-Datei aufgebaut. Dies bedeutet, dass diese Datei mit jedem Texteditor unbemerkt verändert werden kann. Die Sicherheit, dass das Dokument beim Empfänger auch unverändert ankommt ist also sehr viel schwerer zu erbringen.
Zum einen kann hier über eine Verschlüsselung der E-Mail nachgedacht werden. Zum anderen wird auch von der EU schon über die ausschließliche Verwendung von beispielsweise Vergabeportalen nachgedacht, auf die die Rechnungsdateien nur noch hochgeladen werden. Ähnliche Portale existieren auch schon bei großen Unternehmen in der Wirtschaft.
Wir glauben daher, dass dies der zukünftige Weg für Rechnungen werden wird. Hier ist eher das „Wann“ die Frage.
ZUGFeRD vs. XRechnung – Was wird der neue Standard?
Das Datenformat XRechnung
Die XRechnung wird als der nationale Standard der öffentlichen Verwaltung in Deutschland gesehen. Die europäische Standardisierungsinstitution CEN hat Ende Mai 2017 die Normierung des einheitlichen europäischen Rechnungsformates abgeschlossen. Daraus ist wurde das Datenmodell XRechnung von der Koordinierungsstelle für IT-Standards erarbeitet und im Juni 2017 vom IT-Planungsrat veröffentlicht.
Die XRechnung ist technologieneutral, vollständig dokumentiert und steht kostenfrei zur Verfügung. So kann sie von allen genutzt und von IT-Dienstleistern problemlos in ihre Lösungen integriert werden. Der große Vorteil der XRechnung ist die klare Governance, d.h. es ist festgelegt, wer das Datenformat pflegt, wie neue Versionen veröffentlicht werden etc. Die XRechnung ist dadurch zukunftssicher.
Das Datenformat ZUGFeRD
ZUGFeRD in seiner ursprünglich veröffentlichten Form entspricht nicht der EU-Norm. Daher wird bereits seit geraumer Zeit an einer Version 2.0 gearbeitet, die mittlerweile verabschiedet wurde und in Kürze veröffentlich wird. Genau wie die erste Version ist auch ZUGFeRD 2.0 in verschiedenen Profilen erhältlich. Basic und Extended bleiben erhalten, zusätzlich gibt es das Profil Buchungshilfe.
Aus dem Profil Comfort wird das Profil EN 16931, das die Vorgaben der EU-Norm „fully compliant“ erfüllt. Eine weitere Neuerung bei ZUGFeRD 2.0 betrifft den Status als Hybridformat. Ab ZUGFeRD 2.0 ist es möglich, die visuelle Rechnung (PFD) und die E-Rechnung (XML) in getrennten Dateien zu versenden. Ebenso wird es dadurch möglich nur noch die rein strukturierte Daten im Form einer XML-Datei zu versenden.
Damit wird auf den europäischen Standard Rücksicht genommen, der keine Hybridrechnungen kennt. ZUGFeRD 2.0 wird auf der internationaler Ebene auch Factur-X genannt und inzwischen von Deutschland und Frankreich unterstützt. ZUGFeRD 2.0 kann von allen europäischen Verwaltungen gemäß der EU-Richtlinie 2014/55/EU empfangen und verarbeitet werden.
Die Anwendungsspezifikation CIUS
Prinzipiell steht es Rechnungsstellern frei, welches Format für den Rechnungsaustausch mit der öffentlichen Verwaltung sie wählen möchten, sofern es den Anforderungen der europäischen Norm entspricht. Um diese Vorgabe zu erfüllen, dürfen Anwendungsspezifikationen – die Core Invoice User Specification (CIUS) – keine Geschäftsregeln des CEN-Modells verletzen oder Datenfelder hinzufügen. Es ist lediglich zulässig, optionale Felder des europäischen Datenmodells zu Pflichtangaben zu machen.
CIUS, die dem CEN-Modell ohne Änderungen entsprechen, werden „fully compliant“ genannt. Werden Datenfelder zusätzlich verpflichtend, sind diese CIUS „compliant“. Das weitere hinzufügen von Datenfeldern ist somit immer verboten.

Fazit
Es gibt wieder einmal viele verschiedene E-Rechnungsformate und alle haben ihre Daseinsberechtigung. Ich vergleiche dies gerne mit den verschiedenen Schnittstellentypen, die bis zum Jahr 1996 notwendig waren, um einen Datenaustausch zwischen Geräten zu ermöglichen. Ab dann gab es eine Erfindung, die den kompletten Markt revolutionieren sollte: USB.
Dieser Schnittstellentyp wurde zugleich ein internationaler Standard und löste damit so gut wie alle anderen Schnittstellentypen ab. Heute konkurrieren in diesem Segment zumeist nur noch USB und Lightning, die Version von Apple.
Genau dies möchte die EU-Norm auch im E-Rechnungssegment bezwecken. Die beiden derzeit großen Formate sind hierbei im Europäischen Raum XRechnung und ZUGFeRD. XRechnung setzt dabei, wie Apple mit Lightning, auf ein spezialisiertes Produkt: den nationalen deutschen Markt.
ZUGFeRD mit seiner Ausprägung 2.0 hingegen möchte der universelle internationale Standard in Europa werden. Mit dem Zusammenschluss von Deutschland und Frankreich ist der Arbeitsgruppe auch ein großer Erfolg gelungen. Durch diesen Zusammenschluss sind die beiden größten Märkte Europas auf einem gemeinsamen Standard und geben damit für viele andere europäische Länder einen Weg vor. Daher empfehlen wir weiterhin beide Datenmodelle im Auge zu haben und mit Ihren Kunden abzuklären, welche davon gewünscht sind.